ALLES STEHT KOPF

Alles steht Kopf - und ich mittendrin

6 Jahre „Ben spricht“. Ein Rückblick zwischen Abschied und Aufbruch. Von Ben Pandolfi – freier Redner aus Mannheim

Ich habe schon vorher gesprochen. Aber am 2. Juni 2019 habe ich das Sprechen zum Beruf gemacht und mich selbstständig gemacht. Als freier Redner in Mannheim, mit einem Bauch voller Mut, einem Kopf voller Ideen – und null Ahnung, was da alles kommt. Heute, sechs Jahre später, denke ich: Alles steht Kopf. Im besten Sinne. Denn genau so fühlt es sich an, wenn man Leben in Worte fasst. Wenn man losgeht – ohne Netz, aber mit Haltung.

Menschen kommen. Wege ändern sich. Und die Welt bleibt in Bewegung.

Seit 2019 ist viel passiert. Viele Wege haben sich verändert. Manche Kolleg:innen haben sich weiterentwickelt, neue Richtungen eingeschlagen, sind in andere Felder gegangen. Andere sind neu dazugekommen. Mit frischen Stimmen, neuen Perspektiven, Mut zur Echtheit. Die Rednerwelt hat sich bewegt. Und ich mich mit ihr. Vielleicht – ein kleines bisschen – haben auch Sarah und ich mit Melon Moments dazu beigetragen: Workshops, Webinare, Weitergabe. Wir glauben nicht an Rollen. Wir glauben an Menschen. Und an Sprache, die trägt.

Kein Applaus. Keine Feiern. Abschiede zu zweit.

Ich will’s nicht schönreden: Es gab harte Zeiten. Ohne Zeremonien. Ohne Nähe. Ohne Verabschiedungen. Menschen, die ihre Liebsten verloren – und nicht einmal die Hand halten durften. Abschiede zu zweit. Im Flur. Auf Abstand. Mit Maske. Diese Stille war kein Frieden. Ich habe weitergemacht. Still. Behutsam. Weil ich glaube: Auch wenn niemand zuhört, braucht jedes Leben Worte. Gerade dann.

Vom Stadtprinz zur Stimme am Grab – und beides war ich.

2023 war ich Stadtprinz von Mannheim. Und nein – das war keine Rolle. Das war ich. Im Ornat. Mit Mikrofon. Mit Haltung. Mit einem Reim auf der Zunge und dem echten Leben im Gepäck. Ich hab’s damals so gesagt:

„Es ist die Schaukel des Lebens, die zwischen Freud und Leid stets schwingt. Genau da sitze ich – die Beine baumelnd. Hin und wieder auch vor Freude taumelnd.“

Und das bin ich auch heute noch. Zwischen Friedhof und Festzelt. Zwischen Lachen und Loslassen. Zwischen Ahoi und Lebe wohl. „Ich rede ganz schön viel – für nen Mann.“ Hab ich damals gesagt. Und heute weiß ich: Ich rede, weil ich glaube, dass Sprache trägt. Wenn nichts anderes mehr hält. Ob im Ornat oder in Schwarz – ich bleibe Ben. Mit Haus, Hund und Mann. Und allem, was ich geben kann. Denn Reden ist kein Auftritt. Reden ist Präsenz. Klarheit. Menschlichkeit. Und manchmal: das einzige, was bleibt.

6 Jahre „Ben spricht“. Und einer war von Anfang an dabei.

Karlsson. Mein Hund. Mein Begleiter. Mein Anker.

Er hat nicht gesprochen – aber vieles gesagt. Hat neben mir gelegen, wenn ich Reden geschrieben habe. Hat mich erinnert, Pausen zu machen. Hat die ersten Kund:innen an der Tür begrüßt, als ich noch dachte: Hoffentlich klappt das hier alles irgendwie. Er war da. Immer. Still, wachsam, treu. Wie ein Herzschlag im Hintergrund.

6 Jahre „Ben spricht“ – das sind auch 6 Jahre Karlsson. Sechs Jahre, in denen ich gewachsen bin – und er mich begleitet hat. Als Freund. Als Teil dieses Weges. Danke, Kleiner.

Über 170 Fünf-Sterne-Bewertungen. Und jede einzelne echt.

Es geht mir nicht um Zahlen. Aber 170 Fünf-Sterne-Bewertungen sind ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass Menschen sich gesehen gefühlt haben. Dass Sprache etwas verändern kann. Dass es möglich ist, echte Verbindungen herzustellen – für eine Stunde. Für immer.

Ich habe Texte geschrieben, die jemand gerahmt an die Wand gehängt hat. Ich habe Reden gehalten, bei denen Menschen endlich weinen konnten. Und ich habe erlebt, wie Worte heilen. Nicht alles. Aber mehr, als man denkt

Was mich Zeremonien gelehrt haben

• Dass Schweigen manchmal mehr sagt als Sprechen.
• Dass man keine Geschichten erfinden muss – wenn man gut zuhört.
• Dass Trauer nicht gebändigt werden muss. Sie darf da sein.
• Und dass Menschen einfach Menschen sind – mit Brüchen, mit Mut, mit einem eigenen Klang.

Ich habe Eltern verabschiedet. Kinder. Fremde, die mir nahe wurden.
Ich habe JA-Worte gehört, die alles überwanden. Ich habe Geheimnisse bewahrt. Und ich habe gelernt: Reden heißt nicht: Ich weiß alles. Reden heißt:
Ich bin da.

Was mich ausmacht

Ich bin kein Animateur.
Ich bin kein Esoteriker.
Ich bin kein Entertainer.
Ich bin Ben.

Ich höre zu.
Ich formuliere klar.
Ich frage leise, wenn andere laut geworden wären.
Ich lasse Raum.
Ich nehme niemandem das Gefühl ab – aber ich helfe, es zu halten.

Danke. Von Herzen.

Fürs Vertrauen.
Fürs Mitgehen.
Für jede Geschichte, die ich erzählen durfte.
Für die, die laut war – und die, die kaum ausgesprochen wurde.

Ich weiß, wie besonders das ist. Ich nehme es nicht selbstverständlich. Und ich weiß: Ich würde es wieder tun. Genau so.

Alles steht Kopf. Und das ist gut so.

Wie im Film. Da wohnen Freude, Wut, Angst, Ekel und Kummer zusammen in einem Kopf. Und manchmal streiten sie sich. Aber gemeinsam machen sie ein echtes Leben.

Ich habe in sechs Jahren gelernt: Alle Gefühle haben Platz. Nichts ist falsch. Nichts ist zu viel. Alles steht Kopf. Und daraus entsteht: Bewegung. Veränderung. Echtheit. Danke, dass ich sprechen darf. Danke, dass ihr zuhört.

Lebe wohl – sagt man, wenn man meint: Du bleibst. Und genau das wünsche ich all denen, die mich ein Stück mitgenommen haben.

Euer Ben