Taxifahrer und Freier Redner
Gibt es Parallelen?
In meiner Eigenschaft als freier Redner werde ich oft gefragt: „BEN, Du bist Trauredner und Trauerredner. Wie schaffst Du den Sprung von der Trauung zur Trauerfeier? Wie machst Du das mit den Emotionen? Oft antworte ich: BEN begleitet Menschen in Situationen des Anhaltens und Innehaltens … Doch wenn ich darüber nachdenke, dann ist mir diese Antwort irgendwie selbst zu abstrakt. Also überlege ich schon längere Zeit, welches ganz schlichte Bild mir dazu einfällt, um diese Aussage zu untermalen. Und wer hätte es gedacht: Auf dem Weg zum Flughafen – natürlich im Taxi – ist mir dann das Bild eingefallen.
Ihr kennt doch dieses Gefühl, wenn Ihr auf ein Taxi wartet. Ihr seid ungeduldig. Wollt dringend zu Eurem Ziel gebracht werden. Trotz der Tatsache, dass mittlerweile sogar anhand digitaler Apps verfolgt werden kann, wo sich der Taxifahrer befindet, scheint die Wartezeit dennoch nicht verkürzt zu werden. Wenn wir dann mal im Taxi sitzen, dann machen wir uns gemeinsam mit dem Taxifahrer auf den Weg zum Ziel. Und die Ziele sind vielfältig: Sind wir im Urlaub, erkunden wir neue Orte, die an uns vorbeiziehen. Der Taxifahrer erzählt uns vielleicht etwas dazu. Wir sind im Job unterwegs und müssen zum Flughafen oder zu einem dringenden Meeting. Der Taxifahrer gibt Gas. Oder es ist mitten in der Nacht. Wir hatten Spaß. Teilen unsere Freude mit dem Taxifahrer. Vielleicht schaltet er uns unser Lieblingslied ein. Beschwipst und beseelt steigen wir aus dem Auto aus. Der Taxifahrer schmunzelt. Sicherlich hat ein Taxifahrer auch schon hundertfach Hochzeitspaare zum Standesamt begleitet. Er freut sich mit dem Paar. Es gibt aber auch Ziele, die nicht so schön sind. Wir sind auf dem Weg zum Friedhof zu einer Trauerfeier oder ins Krankenhaus. Wir sind traurig. Ist es also nicht so, dass egal wo wir hinfahren möchten oder müssen: Ein Taxifahrer begleitet uns dorthin. Hört uns im besten Fall auf dem Weg zu unserer Destination zu. Stellt Verständnisfragen. Je nach Sympathie antworten wir oder auch nicht. Manchmal dominiert Schweigen die Fahrt. Der Taxifahrer teilt unsere Emotionen, die wir mit ins Auto gebracht haben. Manchmal steigen wir aus und sie wirken noch nach.
Doch was macht einen guten Taxifahrer aus? Welche Eigenschaften sollte er mitbringen? Und was davon macht mich zu einem guten Hochzeitsredner und Trauerredner? Aus meiner Sicht sind das vier wichtige Punkte:
1. Zuhörer, Coach und Freund
Gewiss sind das ganz viele Geschichten, die ein Taxifahrer aus seiner Tag- oder Nachtschicht mit nach Hause bringt. Manche bewegen mehr, manche weniger. Manche Menschen steigen ein und hinterlassen ein gutes Gefühl. Andere steigen aus und es wird gar nicht bemerkt, dass sie wieder ausgestiegen sind. Auf den vielfältigen Wegen hört der Taxifahrer hin. Lacht mit oder ist bewegt. So machen das auch Freunde. Natürlich viel intensiver.
Genau das mache ich als Redner auch. Zugegebenermaßen in einem anderen Kontext, intensiver und natürlich auf einer ganz anderen Ebene. Mir ist es als freier Redner wichtig, den Menschen immer auf einer wertschätzenden Basis zu begegnen. Zuzuhören und vor allen Dingen, die richtigen Fragen zu stellen. Das immer unabhängig davon, ob die Menschen, welchen ich begegne, sich gerade in einer Situation des Abschieds oder in einem Moment der Freude befinden.
Und wie ist es eigentlich mit der Freundschaft? Sollten wir nicht alle viel mehr in die Verbindungen mit Menschen investieren? In die Freundschaft? Und bedeutet Freundschaft nicht auch, dass wir in Freud und Leid für unsere Freunde da sind?
Im Taxi gibt es Platz für Emotionen. Sie haben Raum – auch wenn an der einen oder anderen Stelle vielleicht eingegriffen wird. Eingelenkt wird.
2. Geduld ist essentiell
Wir leben in einer hektischen Welt. Die Menschen haben verlernt, über ihre Gefühle zu sprechen. Es muss voran gehen. Und zwar schnell. Egal, ob uns das Leben gerade einen Stau oder eine rote Ampel geschickt hat. Wir wollen nicht anhalten und schon garnicht stehen. Es muss rollen. Ein guter Taxifahrer bringt Geduld mit. Auch wenn der Fahrgast unruhig ist und drängelt. Er kennt die Ampelschaltung. Er kennt Wege und Abkürzungen. Und bringt dennoch die Geduld und Ruhe mit, die benötigt wird, wenn es mal hektisch wird.
Wir haben verlernt unsere Gefühle zu thematisieren. Als freier Redner haben Hochzeitspaare nach einem Vorgespräch schon folgendes zu mir gesagt: „BEN, wir konnten uns total auf uns fokussieren und über unsere Gefühle sprechen. Danke für den Raum, den Du uns gegeben hast.“ Diesen Raum habe ich nur geben können, weil ich Geduld hatte. Geduld, dass dieser Fokus überhaupt erst entstehen konnte.
Wenn ich Trauernden eine Frage stelle, erlebe ich ähnliches. In diesen Situationen ist selbstverständlich noch schwieriger über die Gefühle zu sprechen, da Tod und Trauer in meiner Welt ihren festen Platz in unserer Kultur verloren haben. Dennoch brauche ich Geduld. Vielleicht ist die Frage zu früh und die Antwort kann noch nicht gegeben werden. Mit Geduld und Empathie finden wir dann aber gemeinsam eine Antwort.
Ich behaupte, dass Geduld das Vertrauen ist, dass alles kommt, wenn die Zeit reif ist.
3. Menschen und deren Geschichten
Die dritte Eigenschaft eines guten Taxifahrers ist Interesse an den Menschen und ihren Geschichten. Ja ich habe es bereits anders erlebt und ja, es gibt bestimmt Taxifahrer, bei denen das nicht so ist. Ich zeichne hier ja auch ein Best-Case-Bild.
Als freier Redner liebe ich Menschen und Geschichten. Sie interessieren mich einfach. Jedes Mal, wenn ich eine Familie oder ein Paar kennengelernt habe, bin ich wieder begeistert von der Vielfalt der Geschichten und der Art und Weise, wie unterschiedlich Menschen Dinge sehen oder interpretieren. Neulich musste ich lachen. Innerhalb kurzer Zeit erzählten mir zwei unterschiedliche Bräutigame, dass sie sich bemüht hatten, die Gästeliste für die Hochzeit klein zu halten. Auf meine Frage, wie klein oder groß das sei, antwortete Bräutigam 1: 50 und Bräutigam 2: 500. Wie unterschiedlich die Sichtweisen doch sind.
Genau das liebe ich.
4. Das Ziel: egal wohin
Die vierte und letzte Eigenschaft. Egal wo hin wir müssen, ein Taxifahrer bringt uns dahin.
Als freier Redner begleite ich Menschen auch für einen gewissen Zeitraum an ein bestimmtes Ziel. Sei es die Hochzeit, das Kinderwillkommensfest oder eben die Trauerfeier für einen geliebten Menschen. Im Mittelpunkt steht für mich in allen drei Fällen immer das Leben. Die Schaukel des Lebens. Das Lachen und Weinen im Leben. Die individuelle Persönlichkeit der Menschen, über die ich spreche.
„BEN, wenn Du den Raum betrittst, geht die Sonne auf“. Dieses krasse Feedback hat mir eine Teilnehmerin eines Seminars gegeben. Ich war bei dieser Aussage total gerührt und hatte Tränen in den Augen. Und genau das mache ich als freier Redner: Dafür sorgen, dass in Euren Lebenssituationen, die ich begleiten darf, immer die Sonne scheint. In dunkleren Stunden mit mehr Sonne und in sonnigeren Stunden mit Sonnenschutz.
Seid lieb zueinander und denkt auf Eurer nächsten Taxifahrt an mich. BEN fährt.